Archiv der Kategorie: Gedichte

Lyrik von Maren Schönfeld

Denn sie lieben, was sie tun

Schätze von der Messe. Foto: Maren Schönfeld

Um die Mittagszeit gab es gerade noch einen freien Parkplatz vor der Eulsete-Halle, dabei hatte ich befürchtet, dass vielleicht kaum jemand Interesse an der Buchmesse in dem kleinen Ort bei Stade zeigen könnte. Weit gefehlt – beim Rundgang gab es vor einigen Ständen „Stau“, die angeregten Gespräche zwischen Besuchern und Ausstellern dauerten einige Zeit und die Wartenden zeigten sich geduldig. Die Messe, die unter dem Motto … fair geht vor von Manuela und Uwe Kowald veranstaltet wurde, fand zum ersten Mal in Himmelpforten statt. Rund 25 Aussteller teilten sich die Halle mit einem Bücherflohmarkt, was offensichtlich ein gutes Konzept war, wobei am ersten Tag des Messewochenendes 27./28. April mehr Gäste an den Ständen zu finden waren als im Flohmarktbereich. Die Bezeichnung „alternative Buchmesse“ weckt in den älteren Semestern von uns eher Assoziationen zur alternativen Szene der 1980er Jahre; aber weit gefehlt: In diesem Fall ging es um alternative Publikationsmöglichkeiten für Schriftsteller, die im so genannten ersten Buchmarkt kaum eine Chance bekommen. In einem Markt, der hauptsächlich von Übersetzungen lebt und fast keinen Raum für Neuerscheinungen hat, sind neue Schriftstellerinnen harten Bedingungen ausgesetzt. Als das Selfpublishing aufkam, damals noch verachtet und verpönt von denen, die „es geschafft“ hatten, in einem größeren Verlag unterzukommen, kämpften die schreibenden Pioniere um einen Platz in der Welt der zu Papier gebrachten Gedichte und Geschichten, die ihren Weg zu Lesefreudigen finden sollten. Und was soll man sagen: Gut 20 Jahre später ist es kein Platz, sondern ein eigener Markt, der sich still und leise neben dem etablierten Buchmarkt, beherrscht von großen Verlagen, aufgestellt hat. Und der so viel Druck auf den „ersten Buchmarkt“ ausgeübt hat, dass es jetzt in Leipzig und Frankfurt am Main Selfpublisher-Areas auf den Buchmessen gibt. Sicherlich hängt die Qualität der Texte nicht zuletzt davon ab, ob sich die Verfasser ein Lektorat geleistet haben; Leser sind trotzdem zu finden. Und wer es als Selfpublisher schafft, sich einen Leserkreis zu erarbeiten, hat sich tief ins Marketing eingearbeitet. Denn die besten Texte kommen nur dann unter Leute, wenn die richtigen Werbemaßnahmen sie in die Welt bringen.

Präsentationen, mit Liebe gemacht

Zunächst beeindruckt, mit welcher Liebe zum Detail und mit welch großer Sorgfalt die kleinen Verlage und Selfpublisher ihre Stände ausgerichtet haben. Fast alle haben nicht nur Bücher, sondern auch Lesezeichen, Flyer, Leseproben und sogar bedruckte kleine Leinenbeutel mit dem entsprechenden Buchcover dabei und ansprechend aufgebaut. Für einen Titel, bei dem es um Schokoladentaler geht, sind goldglänzende Schokotaler auf schwarzem Samt ausgestreut; Farben, die sich im Buchcover widerspiegeln. Auf den ersten Blick scheint es, als ob fast alles Fantasy und New Romance wäre. Beide Genres fallen durch eine besondere Farbgestaltung ins Auge sowie durch malerische oder Tattoo-ähnliche Coverbilder. Die meisten dieser Titel haben ein größeres Format als man es von traditionellen Verlagspublikationen her kennt, allerdings oft auch größere Schrift und einen großzügigen Buchsatz, der das Lesen erleichtert. Einige Bücher sind fast zu dick und schwer, um sie beispielsweise abends im Liegen zu lesen. Das schreckt die Fantasy-Fangemeinde offenbar nicht ab.

Stand Debbie Bülau. Foto: Manuela Kowald

Der zweite Blick zeigt, dass sich andere Themen und Titel dazwischen befinden, die einen außergewöhnlichen Hintergrund haben. So hat die Heimatforscherin Debbie Bülau eine reich bebilderte Dokumentation von 696 Seiten über die „Heimatgeschichte von der NS-Zeit bis heute“ für den Ort Kutenholz und dessen Umgebung veröffentlicht. Für dieses Buch hat sie mehrere Jahre über die Opfer des Nationalsozialismus recherchiert und akribisch die Schicksale von Zwangsarbeiterinnen, KZ-Häftlingen, Kriegsgefangenen, Opfern der NS-Psychiatrie und kurz vor Kriegsende in der Samtgemeinde Fredenbeck verstorbenen britischen Soldaten sowie Wehrmachtssoldaten zusammengetragen. Ihre Suche nach Material deckte sogar eine Verbindung zwischen Queen Elizabeth II. und Kutenholz auf. Man fühlt sich direkt an das „Echolot“ Walter Kempowskis erinnert, das zwar einen ungleich größeren Umfang hat, aber auch auf jahrelanger Recherche und dem Zusammentragen von Feldpostbriefen, Tagebucheinträgen, Fotoalben usw. basiert. Der Titel „Niemand sollte zweimal sterben – erinnert euch an uns! „ist in einigen Gedenkstätten, Museen und örtlichen Buchhandlungen erhältlich sowie direkt bei der Autorin unter info@gedenkorte-kutenholz-und-umgebung.de

Cosplayer und das wahre Leben

Besucher jeden Alters und sogar einige Cosplayer, wie man sie sonst eher in Leipzig vorfindet, drängen in die Festhalle und inspizieren die ausgestellten Bücher und Lesezeichen. Und wie in Leipzig werden die Goodies freudig eingesammelt, diverse junge Mädchen stecken die Köpfe zusammen und bestaunen ihre ergatterten kleinen Schätze.

Cosplayer im Gespräch mit Rita Feinkohl.
Foto: Manuela Kowald

Wie einige der ausstellenden Autorinnen hat auch Rita Feinkohl ihren Stand liebevoll mit ihrem bislang einzigen Titel „Ich dank dir och schön“ dekoriert, dazu Schmuck und Tücher ausgestellt. In ihrer biografischen Geschichte verarbeitet sie ihre Erfahrungen mit einem behinderten Angehörigen, der sie lehrte, die Welt mit seinen Augen zu sehen. Auf der einen Seite dieser positive Aspekt einer Betreuung, musste sie auf der anderen Seite mit Behörden und Institutionen kämpfen. Da der Protagonist Schmuck liebte, hat sie nicht nur das Buch, sondern auch Accessoires im Angebot, um ihm damit ein weiteres Andenken zu setzen – keine schlechte Marketingidee obendrein.

Mit dem Thema „Depression“ befasst sich die Autorin Jessica Düster alias Jessica Noir in ihrem Buch „Projekt Lea – Arbeitsnotizen der Depression RS21/4687/13“. Das Thema ist seit einiger Zeit nicht unbedingt mehr etwas Neues, jedoch hat Jessica Düster die Depression personifiziert und schreibt aus deren Perspektive statt aus derjenigen des Menschen, der an der Erkrankung leidet. Das gibt einen neuen Blick, der vielleicht Leser neugierig auf das Thema macht. Sie hat dieses Buch zum Thalia Storyteller Award 2024 eingereicht. Die Autorin hat mehrere Bücher geschrieben und Vorankündigungen weiterer Titel im Internet, die sie den Genres Horror und Romance zuordnet. Man kann sie auf Instagram unter @midnightinkscribe finden und im Internet unter www.jduester.de.

Haiku und Gruselgeschichten

Der Poet und Schriftsteller Manuel Bianchi hat Haiku-Dichtung und Gruselgeschichten in seinem Repertoire und erfindet für seine Gedichtbände Titel wie „poetricity“ (urbane Lyrik) oder „#commutiny“, dem neuesten Band mit Gedichten und Polaroids. „Die Gedichte entstanden in einem Zeitraum von dreieinhalb Jahren, eine Zeit der großen Umwälzungen. Die Pandemie hat ebenso wie andere persönliche Erlebnisse des Dichters ihre Spuren hinterlassen“, heißt es auf dem Klappentext. Neben der Poesie hat der Autor Leidenschaften für Fantasy, die schon erwähnten Gruselgeschichten und – Formationstanz. Davon berichtet er auf seiner Homepage www.manuelbianchi.de. Man kann ihm auf Instagram unter @manuelbianchipoet folgen.

3 Cover. Foto: Maren Schönfeld

Hat man früher strikt die Genres voneinander getrennt und darüber nachgedacht, ob Texte oder Projekte ausreichend „literarisch“ seien oder man sein Gesicht verlöre, wenn man dies oder jenes veröffentlichen würde, steht die jüngere Generation selbstbewusst zu den verschiedenen Facetten ihres Schreibens und färbt offenbar auch auf einige ältere Semester ab. Das gibt Hoffnung, dass die hierzulande sehr beliebte Be- oder Abwertung irgendwann weniger schnell erfolgen mag, als man es bislang gewohnt war. Und es kann allen Schriftstellern Mut machen, zu den verschiedenen Genres zu stehen, in denen sie unterwegs sind.

Starke Frauen, Thriller und starke Geschichten

Melanie Amélie Opalka schreibt „Romane für starke Frauen mit Entwicklungspotenzial“ und unter dem Namen Marley Alexis Owen Thriller mit der Hauptfigur Sara Konrad. So hat sie bereits zwei Romanreihen angelegt und feiert in diesem Jahr ihren zehnten veröffentlichten Roman. Die „Expertin fürs Feiern von Fehlern“ (Homepage) strahlt ebenso wie ihre Homepage https://melanieamelieopalka.de/ jede Menge positive Energie aus und empfängt die Gäste sehr herzlich an ihrem Stand.

Bierdeckel zum Mitnehmen gibt es bei dem Fantasy-Autoren Olaf Raack und seiner „Mirandor-Saga“, dazu reichlich Lesestoff mit seinen sieben Buchtiteln. Ehemals als Rapper unterwegs, hat er sich nun dem Schreiben zugewandt und präsentiert sich und seine Projekte auf seiner Website https://olafraack.de/.

Besucher in der Halle am Stand von „Mostly Premade“. Foto: Manuela Kowald

Die Frage, inwieweit die Selfpublisher und Kleinverlage sich Lektorinnen und Covergestalter leisten, wäre höchstens durch die Befragung aller Autoren zu beantworten, die auf der Himmelpfortener Messe anwesend waren. Stattdessen erfahre ich am Stand von „Mostly Premade“, dass sich die von der Inhaberin Nadine Most gestalteten Cover sehr gut verkaufen. Sie zeigt einige ihrer Arbeiten am Tablet und schlägt mir eine Gestaltung für einen Lyrikband vor, ein wenig verschnörkelt, aber irgendwie auch ansprechend. Die Coverdesignerin und Hörbuchsprecherin bietet ihre Arbeit für jeden Geldbeutel mit sehr flexiblen Modalitäten an. Weitere Stände von Gestaltern hätten mich interessiert, leider war Nadine Most die einzige.
https://nadinemost.de/mostlypremade/

Auch meine zweite Messerunde endet beim „Lovemoon“ Verlag für „Romance, New Adult & Romantasy“ (Quelle: https://www.lovemoon-verlag.de/) mit seinen farbprächtigen und großformatigen Büchern. Früher hatte man Goldschnitt, heute wird mit Farbschnitt gearbeitet, was dem zugeklappten Buch das Aussehen einer Schatulle verleiht. Wirkt passend für „Bücher für deine traumschönen Brausepulver-Momente beim Lesen“ (Verlagswebsite). Spannender finde ich das „Book Journal“, aufgemacht wie ein Freunde-Album aus meiner Schulzeit, wo sich Klassenkameraden mit Passfoto und einigen Steckbriefnotizen verewigen konnten. Das Journal ist ausgesprochen hübsch und liebevoll gestaltet. Das zweite Highlight ist der „Plot Planner“, ein gestaltetes Notizbuch zum Planen größerer Buchprojekte. Das ist, kaum zu glauben im Zeitalter der sich selbst überholenden Digitalisierung, für viele eine echte Konkurrenz zu Schreibprogrammen für Autorinnen und hat mich als Handschreiberin sofort begeistert.

Das Fazit ist positiv

Die alternative Buchmesse gewährte mir einen Blick in eine andere Lese- und Schreibwelt. Als ich Kind war, sagte man uns, dass Comics unsere Lesefähigkeit verdürben. Unsere Eltern hatten Sorge, dass wir keine „richtigen Bücher“ mehr würden lesen können. Dabei lasen sie selbst Utta Danella und Marie Louise Fischer. Waren das denn „richtige Bücher“? Noch früher hatte man Barbara Cartland, eine Weile später Rosamunde Pilcher, jetzt hat man New Romance, Cosy Crime, New Adult und Insta-Love. Lesen war und ist immer auch eine Leidenschaft, die ein Wohlgefühl hervorruft – entweder, weil man schwere und anspruchsvolle Lektüre bezwungen hat oder weil man sich in leichte und von den irrwitzigen Zeiten ablenkende Geschichten flüchten kann; oftmals auch, weil man Erkenntnisse aus der Lektüre gewonnen hat. Und seien wir ehrlich: Nicht jeder Spiegel-Bestseller ist ein literarisches Meisterwerk. Was wir Schriftsteller möchten, ist doch, gelesen zu werden. Den Ausstellerinnen in Himmelpforten ist es offensichtlich gelungen, ihre Fans zu finden und ihren Geschichten Flügel zu verleihen.

Eröffnung. Foto: Manuela Kowald

Nachlese: Contor und Teehaus

Zwei Lesungen binnen zwölf Tagen, knapp 40 Gäste bei der einen, 26 bei der anderen – was für ein wunderbarer Auftakt eines literarischen Jahres, den bedrückenden und seltsamen Zeiten zum Trotz.

Sulamith Sommerfeld, Maren Schönfeld, Thomas Dunse; Foto: Laura Dunse

Sulamith Sommerfeld, Thomas Dunse und ich lasen in der Stader Buchhandlung Contor aus vorhandenen Büchern und aus unveröffentlichten Texten. Selten habe ich es erlebt, dass ein Publikum so still und versunken lauschte wie an diesem Februarabend. Die Dreiviertelstunde unseres abwechselnden Vorlesens war für uns und offenbar auch für die Gäste wie eine Lyrik-Meditation. Im anschließenden Werkstattgespräch tauschen wir Vortragenden uns miteinander und mit den Gästen aus. Für mich ist es immer wieder spannend, was Menschen in den Gedichten finden, wo sie sich darin verorten können und wie sie berührt werden. Nicht selten kommen für mich Deutungsebenen meiner eigenen Gedichte hinzu, wenn ich Gedanken anderer zu meinen lyrischen Texten höre.

Lyrik und Klarinette im Teehaus

Lyrik ist mehr als bedrucktes Papier

Lyrik begleitet mich seit meiner Kindheit. Gedichte wie die Streiche von Max und Moritz (Wilhelm Busch) oder „Die drei Spatzen“ (Christian Morgenstern) gehörten dazu. Da ich wegen einer körperlichen Behinderung nicht laufen und toben konnte, stürzte ich mich in die Literatur und fand dort weite Räume, in denen Handicaps keine Rolle spielen. Zum Lesen kam bald das Schreiben. Das erste Gedicht schrieb ich als Kind über einen magischen Garten hinter einer Mauer. Vierzig Jahre später kann ich auf zehn veröffentlichte Bücher zurückblicken.

Einzeltitel 2018-2022

Dass Poesie mehr ist als ein geschriebenes Wort auf weißem Papier, habe ich früh erkannt. Was die Lyrik mir bedeutet und wie Gedichte im Alltag helfen, aufmuntern, bereichern und inspirieren können, möchte ich mit einem Streifzug durch meine Gedichtbände und mein schriftstellerisches Leben mit Einflussgebern wie Walter Kempowski und Peter Gosse mit den Gästen des Leseabends teilen.

Harald Maihold
(Foto privat)

Dabei wird Harald Maihold mich auf der Klarinette und Bassklarinette begleiten und seine eigens zu meinen Gedichten komponierte Lyrische Suite erstmalig erklingen lassen.

Harald Maihold spielt seit 1989 Klarinette und liebt deren warme Töne, mit denen sich Gefühle und Stimmungen so wunderbar ausdrücken und im Zusammenspiel mit anderen teilen lassen. Er hat sich ein breites Repertoire aus Klassik, Jazz, Klezmer, Pop und Volksmusik erschlossen und spielt u.a. als  Solist und in unterschiedlichen Ensembles und Projektorchestern im Hamburger Westen bei Konzerten.

Dienstag, 5. März 2024, 19 Uhr

Teehaus in den Wallanlagen, Planten un Blomen (neben der Eisbahn)

Veranstalter: Hamburger Autorenvereinigung in Kooperation mit der AWO

Eintritt: 6 €, auch für HAV-Mitglieder

Vorbestellung per E-Mail an Sabine.Witt@awo-hamburg.de

Lyrik im Radio

Ihr Lieben, ein frohes neues Jahr wünsche ich Euch, allen widrigen Umständen in Nähe und Ferne zum Trotz, dass wir den Blick nicht zu heben verlernen, hin und wieder Sternschnuppen sehen und berührbar bleiben.

Es gibt einige literarische Neuigkeiten und Neuheiten in diesem Jahr, auf die ich gespannt bin und die ich mit Freude erwarte. Die erste davon: Als die Schauspielerin Kornelia Kirwald mich fragte, ob sie Gedichte von mir im Radio vorlesen könne, fand ich das wunderbar! Wir haben uns zum Kaffee getroffen und gemerkt, dass wir eine Wellenlänge haben. Ich habe ihr so gern meine Gedichtbände mitgegeben und mich nun riesig gefreut, weil sie bereits damit arbeitet. Es war auch für mich eine Überraschung, welche Texte sie für ihre Rubrik „Gedicht der Woche“ auswählen würde. Das erste Gedicht ist „Im Glaskleid“ aus „Der Boden des Dunkels“, und sie hat es fantastisch gelesen. Es ist in dieser Woche zu hören. Wie? Kornelia schreibt:

GEDICHT DER WOCHE

Ich beginne das Neue Jahr mit Textgedichten aus den Sammlungen „Der Boden des Dunkels“ und „Engelschatten“ von Maren Schönfeld, Hamburger Autorin, Journalistin und Lektorin, die vor allem für ihr lyrisches Werk und ihre Kurzgeschichten mit vielen namhaften Preisen ausgezeichnet wurde.
Erstausstrahlung montags um 06:30 Uhr; und wer die Sendung immer mal verpaßt, muß nicht verzagen: TIDE.radio wiederholt sie wie bisher am Mittwoch um 07:15, am Freitag 12:15 und ab Januar 2024 zusätzlich am Sonntag um 13:00 Uhr!

– Im KULTUR-BISTRO gibt es Ende Januar Krimis aus dem winterlichen Engadin; Ausstrahlung wie gehabt am 5. Montag um 18:00 Uhr, Wiederholung am Sonntag, 04.02. um 10:00 Uhr;

BEIDE SENDUNGEN AUF TIDE.RADIO: UKW 96.0, DAB+, im Hamburger Kabelnetz,
im livestream https://www.tidenet.de/radio  (7 Tage nachhören)
und https://www.radioplayer.de/radio/tideradio.html

Alle Sendungen sind eine Woche nach Ausstrahlung im Livestream nachzuhören.

Hört mal rein, es ist toll!

Mehr über Kornelia findet Ihr auf ihrer Homepage, von dort geht es auch zur Soundcloud mit einem umfangreichen Archiv: https://kirwaldhamburg.de

Manchmal braucht man einen Engel, aber …

… was braucht der Engel eigentlich? Sind Engel dazu da, uns zu beschützen? Oder das, was wir mit der Schöpfung anrichten, auszugleichen? Was für ein Engelbild hast du?

Gedicht: Maren Schönfeld, Buch „Engelschatten“, Verlag Expeditionen, Hamburg 2022 / Bild: Marlis Dammann

Diesen und anderen Fragen wollen wir am 23. Oktober 2023 um 18:30 Uhr mit Christiane Huß von der Stader Bibel- und Missionsgesellschaft und den anwesenden Gästen nachgehen. In einem Online-Gespräch inklusive Kurzlesung aus meinen Engel-Gedichten setzen wir uns mit dem Phänomen der Engel auseinander. Dabei geht es auch um meine Inspirationen für die Engel-Gedichte, deren Entstehung und Wirkung auf Menschen. Und um die unterschiedlichen Engelbilder, die wir haben.

Der Eintritt ist frei, es wird jedoch um Anmeldung per E-Mail gebeten:

https://kapitel17.de/events/lesung-mit-maren-schoenfeld-von-engeln-und-menschen/

Tucson trifft Hamburg

Lyrik und Werkstattgespräch

Die drei Poeten Albrecht Classen, Gino Leineweber und Maren Schönfeld begegneten einander zuerst bei einem Lyrikseminar, das in der Corona-Zeit online stattfand und von Albrecht Classen in Tucson initiiert wurde. Nun gibt es erstmals eine Begegnung mit Lyrik-Lesung und Werkstattgespräch in Hamburg. Dabei geben sie Einblick in ihre aktuelle Arbeit und sprechen miteinander und den Gästen darüber, was ihnen Literatur bedeutet, was sie inspiriert und wie sie schreiben.

Dr. Albrecht Classen ist University Distinguished Professor of German Studies an der University of Arizona, Tucson. Er hat sehr viele wissenschaftliche Veröffentlichungen vorzuweisen und ist auch intensiv am kreativen Schreiben interessiert. So veröffentlichte er zehn Gedichtbände und vier Bände mit Satiren und Essays. Er wurde mit mehreren Preisen ausgezeichnet und mit dem „Ritterschlag“ geehrt.
Einige seiner Gedichte behandeln Krieg und Frieden, andere suchen nach dem Lebenssinn, hinterfragen unser Selbstverständnis, reflektieren den Schreibprozess und behandeln die politischen Probleme.

Gino Leineweber, Jahrgang 1944, ist ein international bekannter Poet. Auch als Übersetzer englischsprachiger Poesie hat er sich einen Namen gemacht. Seine Gedichte schreibt er auf Deutsch und (amerikanischem) Englisch. Für seine Poesie wurde er mit zahlreichen internationalen Preisen ausgezeichnet. Zurzeit lebt er in seiner Geburtsstadt Hamburg und in Vietri sul Mare in Italien.
Er wird aus seinen verschiedenen Veröffentlichungen Gedichte zum Thema Flucht und Vertreibung, Umwelt, Indianer sowie zwei Katzengedichte vorlesen.

Maren Schönfeld ist freie Autorin, Kulturjournalistin und Lektorin sowie Redakteurin des Online-Magazins die-auswärtige-presse.de. Sie lebt in Hamburg und hat fünf Gedichtbände, einen Kurzgeschichtenband und zwei Sachbücher veröffentlicht. 2017 wurde sie mit dem Lyrikpreis der Hamburger Autorenvereinigung ausgezeichnet und 2023 mit deren Kurzgeschichtenpreis. Ihre Gedichte beschäftigen sich mit der Schöpfung und der Rolle des Menschen in der Innen- und Außenwelt, mit dem christlichen Glauben und ihrem Lebensumfeld.

Sonnabend, 30. September 2023, 17 Uhr
Ev.-meth. Kirche Bethanien, Martinistr. 49, 20251 Hamburg
Eintritt frei, Spenden willkommen

Ein Drängen, das auf verstürzten Wegen Freiheit sucht

Gedenken an meinen Freund und Kollegen Winfried Korf (1941-2021)

Karin Grubert und Winfried Korf 2013 bei der Internationalen Gartenschau Wilhelmsburg. Foto: Johanna Renate Wöhlke

Als ich, frisch gebackene Sekretärin der Hamburger Autorenvereinigung, mit dem Korrekturlesen der Beiträge für die Anthologie „Spuk in Hamburg“ (Verlag Expeditionen, Hamburg 2014) befasst war, beeindruckten mich zwei Gedichte eines Lyrikers besonders, den ich bislang nur vom Sehen kannte. Dieser Lyriker arbeitete sehr traditionell, mit einem packend bildhaften und eloquenten Wortschatz, geschliffenem Metrum und gestochenem Versmaß. Wer war dieser Mensch, der einer offiziellen Version der Gattung Lyrik „linksbündiger Flattersatz“ mit althergebrachter Wortgewaltigkeit trotzte?

Bei unserer Lesung zur Vorstellung der Anthologie ließ ich mir auch ihm ein Autogramm auf seine Autorenseite schreiben. Seine Widmung lautete: „In Erinnerung an die glanzvolle Vorstellung unserer Anthologie“. Seine Schrift war genauso wie seine Gedichte: Barock und verschlungen.

Einige Jahre später war unser Kontakt zu einer Freundschaft gediehen, die auch das gemeinsame Arbeiten an unseren Gedichten – für eine ganze Zeit auch zu dritt mit einer weiteren HAV-Kollegin – einschloss. Wir diskutierten, manchmal hart, über Formulierungen und den Sinn von Interpunktion in Gedichten. Man konnte sich an ihm die Zähne ausbeißen! Aber gerade das machte es so spannend, denn sein Humor verließ ihn dabei nie. Unsere völlig unterschiedliche Art zu schreiben war kein Hindernis, sondern gerade eine Bereicherung. Dabei hatte Winfried die Angewohnheit, zu „schweren Fällen“ nicht nur Bearbeitungsvorschläge zu unterbreiten, sondern ein eigenes Parallelgedicht zu schreiben. Eine einzigartige Erfahrung, die eine völlig neue Perspektive auf den eigenen Text eröffnete.

Diese Parallelgedichte sind nun, gut anderthalb Jahre nach seinem Tod, neben seinen wunderbar gestalteten handschriftlichen Briefen und seinen Gedichten, ein großer Schatz für mich.

Winfried Korf war Maler, Zeichner, Lyriker. Er war auch Historiker, Dozent in der Erwachsenenbildung und Dramaturg, er spielte Klavier, er war ein Tausendsassa. Und er war ein Mensch, der niemals stillzustehen schien. Wenn er nicht schrieb, zeichnete er. Wenn er nicht malte, fotografierte er. Er war ein Getriebener, manchmal kam er mir vor wie jemand, dessen Kerzen an beiden Enden brannte. In seiner letzten Lebensphase sagte er mehrmals, er könne noch nicht sterben, er habe noch zu viel vor. Und bis zu seinem letzten Tag am 14.12.2021 schrieb und malte er, unermüdlich. Die Überschrift dieses Textes, ein Zitat aus seinem Gedicht „Ewige Wanderung“ (Buchtitel s. u.) erscheint mir wie eine Beschreibung seines Wesens. Das Drängen, das ihn antrieb, blieb bis zum letzten Moment. Er hinterließ Mengen an Werken in Wort und Bild, ein Gesamtkunstwerk, das seine Frau Karin Grubert nun unermüdlich ordnet, sortiert und erfasst. Berührend dabei ist, dass er selbst vieles zusammengestellt hatte, das Ordnen seiner künstlerischen Dinge könnte man als Vermächtnis auffassen.

Uns verband die Lyrik, die Literatur, ein wenig auch die Malerei. Natürlich flossen in unsere Gespräche seine umfangreichen Kenntnisse aus den anderen Bereichen seines Wissens ein, aber nie schulmeisterlich, sondern immer dezent, zurückhaltend und bereichernd. Sein Sinn für das Schöne, der Hang, jede Box für Notizzettel, jede Schachtel, jede Mappe mit künstlerischen Elementen zu veredeln, umgab ihn wie ein Raum, in dem er lebte. Alles, was er anfasste, machte er zu Kunst.

Unsere Gespräche über unsere Gedichte, aber auch über andere Literatur, über das Leben, Gott und die Welt, den Garten, die Liebe – diese Gespräche fehlen mir unendlich. Dankbar bin ich dafür, dass wir uns begegnet sind. Dankbar auch für seine Gedichte, mit denen er seine Handschrift hinterlassen hat. Spät entdeckte er, der Reimdichter, das ungereimte und minimalistische Haiku; eine Form, der er exzessiv frönte und sie auch mit seinen Fotografien zusammenbrachte. Vielleicht hätte er heute, bei einer Feier anlässlich seines 82. Geburtstag, in fröhlicher Runde welche zitiert. Ganz bestimmt ist dieser Tag ein Anlass, in seinen Gedichtbänden zu lesen. Dies ist eins meiner Lieblingsgedichte:

Auf dem Stege
Betrachtungen im Böhmerwald

Immer anders, immer gleich: Geweb’ der Wellen,
Die hurtig über Wehr und Felsen schnellen,
Im Lichte springen, gleich gejagten Rudeln
im dunklen Grunde unter Wurzeln strudeln.

Immer gleich und immer anders: Streit der Steine.
Jeglicher am andern und für sich alleine
Werden sie flussab geschoben und im Schieben
Aneinander zu Geröll und Sand zerrieben
Und als Stoff zum späteren Gebären
Neuer Bergeswelt begraben in den Meeren. –

„Du steigst nicht zweimal in denselben Fluss“:
Er ist es und er ist es nicht.
Du bist es und du bist es nicht.
Wir alle ändern Leben, Lauf, Gesicht –
Ein jeglicher nach seinem Muss.

Und doch ist’s nur die eine Sphäre,
Darin Zerstörer durch die Zeiten kreisen,
Sich steigern, gipfeln, mindern und zerreißen,
Sich verflammend ineinander schweißen
Zu Gestalten, schmelzend in der Leere,

Daraus der Geist sich seine Körper schafft:
Die Dinge als Verdichtungen der Kraft.
Von dem Stege zwischen Hier und Dort,
Von seines Bogens aufgewölbtem Ort,
Der, keines Ufers Eigen, beide bindet
Und überschreitet und kein Ziel je findet,

Schau‘ ich hinunter auf das Schnellen,
Auf das Geweb‘ der Steine und der Wellen:
Strömen, strömen, strömen – Takt der Zeit,
Verschränkt in den Kristall der Ewigkeit.

Winfried Korf (1941-2021): Wanderung im Abend, BoD, Norderstedt 2016

Titel von Winfried Korf bei Amazon: https://www.amazon.de/s?k=winfried+korf&crid=11IILNECC0KER&sprefix=winfried+korf%2Caps%2C89&ref=nb_sb_noss

„Hanami“ Kirschblütenkonzert mit Haiku-Lyrik

Ihr Lieben, herzliche Einladung zu diesem Japan-Abend, bei dem ich zum zweiten Mal einige Haiku vorlesen werde, was mir eine große Ehre und Freude ist. Begleitet werde ich dabei erneut von Sabine Malsch an der Tischharfe.

Datum: 29. April 2023
Beginn: 18:00 Uhr
Ort: Lutherkirche Bahrenfeld (Lutherhöhe 24, 22761 Hamburg)

Es treten auf:

Miki Sawai, Sopran
Mana Abe, Mezzosopran
Chieri Shiotani, Klavier
Harald Maihold, Klarinette
Sabine Malsch, Tischharfe
Maren Schönfeld, Haiku-Lyrik
Julia Hackenberg, Moderation
Sakura-Chor des DJFE e. V.

Die musikalische Leitung übernimmt Masanori Hosaka. Als musikalische Gäste wird das Ensemble durch Hinata Ishida und Miyu Ando unterstützt.

Der Eintritt ist frei, Spenden werden erbeten.

Hier seht Ihr Sabine und mich in Aktion bei unserem ersten gemeinsamen Konzert in Wedel 2022. Das Instrument heißt Tischharfe :-).

Sandtorte

Die Küche, immer blitzsauber, roch nach Ferien, als sei vor Kurzem gebacken worden. Die Schüsseln aus braunem Steinzeug rochen irden, ein klarer Duft. Bei ihrem Anblick und wenn ich eine herausholen sollte aus dem Schrank, wenn ich ihre kühle Glätte spürte, dachte ich an den Krieg. Denn mir war gesagt worden, dass diese Schüsseln aus der Kriegszeit stammten. In der größten der drei rührte meine Großmutter Kuchenteige an, mit einem Holzlöffel und nur in eine Richtung, wenn es ein Sandkuchen werden sollte. „Sandtorte“ hieß das bei uns, obwohl es mit einer Torte nichts zu tun hatte. Ich beobachtete fasziniert, wie aus Fett, Eiern, Zucker und Mehl nach und nach eine homogene Masse entstand. Großmutter hielt die Schüssel mit dem linken Arm an ihren Leib gedrückt und rührte mit rechts. Endlos. Wenn alles gut verrührt war, stellte sie die Schüssel auf der Arbeitsfläche ab. Nun durfte ich auch rühren, schaffte aber kaum mehr als drei oder vier Runden. Aus der Kriegszeitschüssel füllte Großmutter den Teig in die noch ältere Kastenform, die aus dem Haushalt meiner Urgroßmutter stammte. In der folgenden Stunde lief ich immer wieder zum Herd, um durch das Fenster der Ofentür zu schauen, ob der Kuchen aufging.

In all den Jahren
hatte sie nie einen Fleck
Großmutters Schürze

Ausgelistet

Als ich 2020 meine erste Multimedia-Onlinelesung für mein Buch „Töne, metallen, trägt der Fluss – eine lyrische Elbreise“ plante und nachschauen wollte, wie der Verkaufsrang auf Amazon war, staunte ich nicht schlecht: Das Buch war plötzlich nur noch gebraucht erhältlich, dabei war es gerade mal zwei Jahre alt. Für einen Gedichtband sind zwei Jahre nichts, denn immerhin sind in meinen Gedichtbänden meist Texte aus zehn Jahren versammelt. Böses ahnend, schaute ich auch nach dem Titel „Die Peripherie des Lichts“ aus dem Jahr 2014. Der war ebenfalls nicht mehr neu zu bekommen. Der Wiesenburg-Verlag teilte mir mit, dass die Titel ausgelistet worden waren. Das war ein Moment, in dem ich bereut habe, die Titel nicht als Selfpublishing veröffentlicht zu haben, denn kurioserweise wurden meine beiden Selfpublishingtitel (2005 und 2011) nicht ausgelistet.

Ich habe daraufhin die kleinen Restbestände günstig vom Wiesenburg Verlag gekauft, damit ich sie noch weiterhin anbieten kann.

Ein Gedicht, das mir sehr am Herzen liegt und das mich auch immer wieder beschäftigt, kam mir gestern in den Sinn. Es passt in die triste Jahreszeit, in das Verharren der Natur, bevor das Leben wieder erwacht.

Blutbuche im Heinepark

Leibhaftig

Stehst du noch
Borke an Haut
kannst umfassen was
sich rau an dich schmiegt doch
dieser Gefährte wird auch dich
überdauern schrittweise
münden Tage ins Poröswerden
durchlässig zuletzt

(aus „Die Peripherie des Lichts“, Wiesenburg Verlag, Schweinfurt 2014)