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Großstadt-Oasen: Ein Podcast

Foto: Ralf Plenz

UPDATE!

Ich sage es gleich vorweg: Um Podcasts habe ich früher einen großen Bogen gemacht, wenn es darum ging, dass ich nicht als Hörerin, sondern als Sprecherin gefragt war. Podcast, das unbekannte Wesen? Nicht mehr vorlesen, sondern frei sprechen oder eine Mischung daraus? Das konnte ich mir nicht so richtig vorstellen. Aber wie so oft, kommt es auch beim Aufnehmen von Podcasts darauf an, wer dabei ist und wie es vermittelt wird. Als mein geschätzter und befreundeter Kollege Ralf Plenz mich vor längerer Zeit fragte, ob ich einen Podcast mit ihm aufnehmen wolle, habe ich den Sprung ins kalte – nein, lauwarme Wasser gewagt. So kalt war es nämlich gar nicht, was allerdings der guten Vorbereitung und Rahmenbedingungen von Ralf zu verdanken ist.

Nun haben wir zu Ralfs Roman-Trilogie „Großstadt-Oasen“ zwei Interview-Podcastfolgen aufgenommen, in denen wir uns in vergangene Welten zurückversetzen. Es geht um Ottensen und die alternative Szene in den 1980er Jahren, um das Leben ohne Smartphone, aber mit echten Büchern und den Geheimbund der Isokratiker.

Folge eins ist jetzt zu hören in seiner Reihe „Der Büchermacher“: https://podcast000572.podigee.io/215-maren1

FOLGE ZWEI IST AUCH ONLINE: https://podcast000572.podigee.io/216-maren2

Die zweite Folge kommt in Kürze. Ich bin mit dem Medium Podcast warmgeworden und es könnte sein, dass dies nicht unsere letzte Aufnahme war.

Ach so: Meinen allerersten Podcast-Einsatz könnt Ihr auch noch hören, ebenfalls bei „Der Büchermacher“: https://podcast.de/episode/596049931/interview-mit-der-journalistin-und-autorin-maren-schoenfeld

Man kann den Podcast auch abonnieren 🙂

Ein Drängen, das auf verstürzten Wegen Freiheit sucht

Gedenken an meinen Freund und Kollegen Winfried Korf (1941-2021)

Karin Grubert und Winfried Korf 2013 bei der Internationalen Gartenschau Wilhelmsburg. Foto: Johanna Renate Wöhlke

Als ich, frisch gebackene Sekretärin der Hamburger Autorenvereinigung, mit dem Korrekturlesen der Beiträge für die Anthologie „Spuk in Hamburg“ (Verlag Expeditionen, Hamburg 2014) befasst war, beeindruckten mich zwei Gedichte eines Lyrikers besonders, den ich bislang nur vom Sehen kannte. Dieser Lyriker arbeitete sehr traditionell, mit einem packend bildhaften und eloquenten Wortschatz, geschliffenem Metrum und gestochenem Versmaß. Wer war dieser Mensch, der einer offiziellen Version der Gattung Lyrik „linksbündiger Flattersatz“ mit althergebrachter Wortgewaltigkeit trotzte?

Bei unserer Lesung zur Vorstellung der Anthologie ließ ich mir auch ihm ein Autogramm auf seine Autorenseite schreiben. Seine Widmung lautete: „In Erinnerung an die glanzvolle Vorstellung unserer Anthologie“. Seine Schrift war genauso wie seine Gedichte: Barock und verschlungen.

Einige Jahre später war unser Kontakt zu einer Freundschaft gediehen, die auch das gemeinsame Arbeiten an unseren Gedichten – für eine ganze Zeit auch zu dritt mit einer weiteren HAV-Kollegin – einschloss. Wir diskutierten, manchmal hart, über Formulierungen und den Sinn von Interpunktion in Gedichten. Man konnte sich an ihm die Zähne ausbeißen! Aber gerade das machte es so spannend, denn sein Humor verließ ihn dabei nie. Unsere völlig unterschiedliche Art zu schreiben war kein Hindernis, sondern gerade eine Bereicherung. Dabei hatte Winfried die Angewohnheit, zu „schweren Fällen“ nicht nur Bearbeitungsvorschläge zu unterbreiten, sondern ein eigenes Parallelgedicht zu schreiben. Eine einzigartige Erfahrung, die eine völlig neue Perspektive auf den eigenen Text eröffnete.

Diese Parallelgedichte sind nun, gut anderthalb Jahre nach seinem Tod, neben seinen wunderbar gestalteten handschriftlichen Briefen und seinen Gedichten, ein großer Schatz für mich.

Winfried Korf war Maler, Zeichner, Lyriker. Er war auch Historiker, Dozent in der Erwachsenenbildung und Dramaturg, er spielte Klavier, er war ein Tausendsassa. Und er war ein Mensch, der niemals stillzustehen schien. Wenn er nicht schrieb, zeichnete er. Wenn er nicht malte, fotografierte er. Er war ein Getriebener, manchmal kam er mir vor wie jemand, dessen Kerzen an beiden Enden brannte. In seiner letzten Lebensphase sagte er mehrmals, er könne noch nicht sterben, er habe noch zu viel vor. Und bis zu seinem letzten Tag am 14.12.2021 schrieb und malte er, unermüdlich. Die Überschrift dieses Textes, ein Zitat aus seinem Gedicht „Ewige Wanderung“ (Buchtitel s. u.) erscheint mir wie eine Beschreibung seines Wesens. Das Drängen, das ihn antrieb, blieb bis zum letzten Moment. Er hinterließ Mengen an Werken in Wort und Bild, ein Gesamtkunstwerk, das seine Frau Karin Grubert nun unermüdlich ordnet, sortiert und erfasst. Berührend dabei ist, dass er selbst vieles zusammengestellt hatte, das Ordnen seiner künstlerischen Dinge könnte man als Vermächtnis auffassen.

Uns verband die Lyrik, die Literatur, ein wenig auch die Malerei. Natürlich flossen in unsere Gespräche seine umfangreichen Kenntnisse aus den anderen Bereichen seines Wissens ein, aber nie schulmeisterlich, sondern immer dezent, zurückhaltend und bereichernd. Sein Sinn für das Schöne, der Hang, jede Box für Notizzettel, jede Schachtel, jede Mappe mit künstlerischen Elementen zu veredeln, umgab ihn wie ein Raum, in dem er lebte. Alles, was er anfasste, machte er zu Kunst.

Unsere Gespräche über unsere Gedichte, aber auch über andere Literatur, über das Leben, Gott und die Welt, den Garten, die Liebe – diese Gespräche fehlen mir unendlich. Dankbar bin ich dafür, dass wir uns begegnet sind. Dankbar auch für seine Gedichte, mit denen er seine Handschrift hinterlassen hat. Spät entdeckte er, der Reimdichter, das ungereimte und minimalistische Haiku; eine Form, der er exzessiv frönte und sie auch mit seinen Fotografien zusammenbrachte. Vielleicht hätte er heute, bei einer Feier anlässlich seines 82. Geburtstag, in fröhlicher Runde welche zitiert. Ganz bestimmt ist dieser Tag ein Anlass, in seinen Gedichtbänden zu lesen. Dies ist eins meiner Lieblingsgedichte:

Auf dem Stege
Betrachtungen im Böhmerwald

Immer anders, immer gleich: Geweb’ der Wellen,
Die hurtig über Wehr und Felsen schnellen,
Im Lichte springen, gleich gejagten Rudeln
im dunklen Grunde unter Wurzeln strudeln.

Immer gleich und immer anders: Streit der Steine.
Jeglicher am andern und für sich alleine
Werden sie flussab geschoben und im Schieben
Aneinander zu Geröll und Sand zerrieben
Und als Stoff zum späteren Gebären
Neuer Bergeswelt begraben in den Meeren. –

„Du steigst nicht zweimal in denselben Fluss“:
Er ist es und er ist es nicht.
Du bist es und du bist es nicht.
Wir alle ändern Leben, Lauf, Gesicht –
Ein jeglicher nach seinem Muss.

Und doch ist’s nur die eine Sphäre,
Darin Zerstörer durch die Zeiten kreisen,
Sich steigern, gipfeln, mindern und zerreißen,
Sich verflammend ineinander schweißen
Zu Gestalten, schmelzend in der Leere,

Daraus der Geist sich seine Körper schafft:
Die Dinge als Verdichtungen der Kraft.
Von dem Stege zwischen Hier und Dort,
Von seines Bogens aufgewölbtem Ort,
Der, keines Ufers Eigen, beide bindet
Und überschreitet und kein Ziel je findet,

Schau‘ ich hinunter auf das Schnellen,
Auf das Geweb‘ der Steine und der Wellen:
Strömen, strömen, strömen – Takt der Zeit,
Verschränkt in den Kristall der Ewigkeit.

Winfried Korf (1941-2021): Wanderung im Abend, BoD, Norderstedt 2016

Titel von Winfried Korf bei Amazon: https://www.amazon.de/s?k=winfried+korf&crid=11IILNECC0KER&sprefix=winfried+korf%2Caps%2C89&ref=nb_sb_noss

Es geht wieder los!

Endlich wieder eine Online-Lesung…

Ein Maitag. Haiku und mehr

Online-Lesung mit Bildern und Musikvideos

Der Übergang vom Frühling zum Sommer ist ein Aufbruch in die wärmste Zeit des Jahres. Was kann also das Herz mehr erwärmen als Poesie? Zwei Haiku-Dichter aus Brixen und Hamburg finden sich zusammen, um ihre Haiku, Senryu, Tanka und Haibun vorzulesen. In der Live-Lesung wird auch eine Bildergalerie gezeigt. Umrahmt werden die poetischen Texte von Musikvideos von Ulrike Gaate und Thomas Styhn, die deren Stimmung aufnehmen und ein meditatives Nachklingenlassen ermöglichen.

Gontran Peer dichtet deutschsprachige Gedichte nach japanischem Vorbild, die sich an der traditionellen japanischen Kurzlyrik orientieren. Er ist seit 2018 Gründer sowie Leiter der Haiku Arbeitsgruppe Südtirol und lebt und arbeitet in Brixen. Er dichtet seit 1991 und veröffentlicht seit 2009 deutschsprachige Haiku, Senryu und Tanka.
Maren Schönfeld stieß vor vielen Jahren bei der Suche nach der kürzesten Gedichtform auf das Haiku. Seitdem haben die japanischen Formen sie nicht mehr losgelassen. Sie schreibt Haiku, Senryu, Tanka, aber auch das mit Prosa verbundene Haibun. Maren Schönfeld lebt und arbeitet in Hamburg und hat mehrere Lyrikbände veröffentlicht. Sie leitet auch Workshops zum Schreiben japanischer Formen.
Beide Autoren verbindet eine Schriftstellerfreundschaft, sie schreiben auch gemeinsame Gedichte. In dem Onlineformat werden sie die Entfernung zwischen Brixen und Hamburg verschwinden lassen und gemeinsam mit den Gästen in eine meditative und informative Multimedia-Performance eintauchen.
Ulrike Gaate hat ebenso wie Thomas Styhn die musikalische Leidenschaft um das Medium Film erweitert. Sie verbindet ihre Klavierimprovisationen mit Natur- und Tiermotiven, was den Naturbezug zum Haiku aufnimmt. Thomas Styhn setzt seine Kompositionen für E-Gitarre auch mit surrealen Filmmotiven in Beziehung und schlägt damit einen Bogen zum Senryu. Die unterschiedlichen Arten der Musikvideos bilden einen reizvollen Kontrast, der die verschiedenen literarischen Kurzformen widerspiegelt.

Wo: Online per Zoom
Wann: 25. Mai 2023 um 19 Uhr
Eintritt: € 8.
Buchung über Eventbrite