Denn sie lieben, was sie tun

Schätze von der Messe. Foto: Maren Schönfeld

Um die Mittagszeit gab es gerade noch einen freien Parkplatz vor der Eulsete-Halle, dabei hatte ich befürchtet, dass vielleicht kaum jemand Interesse an der Buchmesse in dem kleinen Ort bei Stade zeigen könnte. Weit gefehlt – beim Rundgang gab es vor einigen Ständen „Stau“, die angeregten Gespräche zwischen Besuchern und Ausstellern dauerten einige Zeit und die Wartenden zeigten sich geduldig. Die Messe, die unter dem Motto … fair geht vor von Manuela und Uwe Kowald veranstaltet wurde, fand zum ersten Mal in Himmelpforten statt. Rund 25 Aussteller teilten sich die Halle mit einem Bücherflohmarkt, was offensichtlich ein gutes Konzept war, wobei am ersten Tag des Messewochenendes 27./28. April mehr Gäste an den Ständen zu finden waren als im Flohmarktbereich. Die Bezeichnung „alternative Buchmesse“ weckt in den älteren Semestern von uns eher Assoziationen zur alternativen Szene der 1980er Jahre; aber weit gefehlt: In diesem Fall ging es um alternative Publikationsmöglichkeiten für Schriftsteller, die im so genannten ersten Buchmarkt kaum eine Chance bekommen. In einem Markt, der hauptsächlich von Übersetzungen lebt und fast keinen Raum für Neuerscheinungen hat, sind neue Schriftstellerinnen harten Bedingungen ausgesetzt. Als das Selfpublishing aufkam, damals noch verachtet und verpönt von denen, die „es geschafft“ hatten, in einem größeren Verlag unterzukommen, kämpften die schreibenden Pioniere um einen Platz in der Welt der zu Papier gebrachten Gedichte und Geschichten, die ihren Weg zu Lesefreudigen finden sollten. Und was soll man sagen: Gut 20 Jahre später ist es kein Platz, sondern ein eigener Markt, der sich still und leise neben dem etablierten Buchmarkt, beherrscht von großen Verlagen, aufgestellt hat. Und der so viel Druck auf den „ersten Buchmarkt“ ausgeübt hat, dass es jetzt in Leipzig und Frankfurt am Main Selfpublisher-Areas auf den Buchmessen gibt. Sicherlich hängt die Qualität der Texte nicht zuletzt davon ab, ob sich die Verfasser ein Lektorat geleistet haben; Leser sind trotzdem zu finden. Und wer es als Selfpublisher schafft, sich einen Leserkreis zu erarbeiten, hat sich tief ins Marketing eingearbeitet. Denn die besten Texte kommen nur dann unter Leute, wenn die richtigen Werbemaßnahmen sie in die Welt bringen.

Präsentationen, mit Liebe gemacht

Zunächst beeindruckt, mit welcher Liebe zum Detail und mit welch großer Sorgfalt die kleinen Verlage und Selfpublisher ihre Stände ausgerichtet haben. Fast alle haben nicht nur Bücher, sondern auch Lesezeichen, Flyer, Leseproben und sogar bedruckte kleine Leinenbeutel mit dem entsprechenden Buchcover dabei und ansprechend aufgebaut. Für einen Titel, bei dem es um Schokoladentaler geht, sind goldglänzende Schokotaler auf schwarzem Samt ausgestreut; Farben, die sich im Buchcover widerspiegeln. Auf den ersten Blick scheint es, als ob fast alles Fantasy und New Romance wäre. Beide Genres fallen durch eine besondere Farbgestaltung ins Auge sowie durch malerische oder Tattoo-ähnliche Coverbilder. Die meisten dieser Titel haben ein größeres Format als man es von traditionellen Verlagspublikationen her kennt, allerdings oft auch größere Schrift und einen großzügigen Buchsatz, der das Lesen erleichtert. Einige Bücher sind fast zu dick und schwer, um sie beispielsweise abends im Liegen zu lesen. Das schreckt die Fantasy-Fangemeinde offenbar nicht ab.

Stand Debbie Bülau. Foto: Manuela Kowald

Der zweite Blick zeigt, dass sich andere Themen und Titel dazwischen befinden, die einen außergewöhnlichen Hintergrund haben. So hat die Heimatforscherin Debbie Bülau eine reich bebilderte Dokumentation von 696 Seiten über die „Heimatgeschichte von der NS-Zeit bis heute“ für den Ort Kutenholz und dessen Umgebung veröffentlicht. Für dieses Buch hat sie mehrere Jahre über die Opfer des Nationalsozialismus recherchiert und akribisch die Schicksale von Zwangsarbeiterinnen, KZ-Häftlingen, Kriegsgefangenen, Opfern der NS-Psychiatrie und kurz vor Kriegsende in der Samtgemeinde Fredenbeck verstorbenen britischen Soldaten sowie Wehrmachtssoldaten zusammengetragen. Ihre Suche nach Material deckte sogar eine Verbindung zwischen Queen Elizabeth II. und Kutenholz auf. Man fühlt sich direkt an das „Echolot“ Walter Kempowskis erinnert, das zwar einen ungleich größeren Umfang hat, aber auch auf jahrelanger Recherche und dem Zusammentragen von Feldpostbriefen, Tagebucheinträgen, Fotoalben usw. basiert. Der Titel „Niemand sollte zweimal sterben – erinnert euch an uns! „ist in einigen Gedenkstätten, Museen und örtlichen Buchhandlungen erhältlich sowie direkt bei der Autorin unter info@gedenkorte-kutenholz-und-umgebung.de

Cosplayer und das wahre Leben

Besucher jeden Alters und sogar einige Cosplayer, wie man sie sonst eher in Leipzig vorfindet, drängen in die Festhalle und inspizieren die ausgestellten Bücher und Lesezeichen. Und wie in Leipzig werden die Goodies freudig eingesammelt, diverse junge Mädchen stecken die Köpfe zusammen und bestaunen ihre ergatterten kleinen Schätze.

Cosplayer im Gespräch mit Rita Feinkohl.
Foto: Manuela Kowald

Wie einige der ausstellenden Autorinnen hat auch Rita Feinkohl ihren Stand liebevoll mit ihrem bislang einzigen Titel „Ich dank dir och schön“ dekoriert, dazu Schmuck und Tücher ausgestellt. In ihrer biografischen Geschichte verarbeitet sie ihre Erfahrungen mit einem behinderten Angehörigen, der sie lehrte, die Welt mit seinen Augen zu sehen. Auf der einen Seite dieser positive Aspekt einer Betreuung, musste sie auf der anderen Seite mit Behörden und Institutionen kämpfen. Da der Protagonist Schmuck liebte, hat sie nicht nur das Buch, sondern auch Accessoires im Angebot, um ihm damit ein weiteres Andenken zu setzen – keine schlechte Marketingidee obendrein.

Mit dem Thema „Depression“ befasst sich die Autorin Jessica Düster alias Jessica Noir in ihrem Buch „Projekt Lea – Arbeitsnotizen der Depression RS21/4687/13“. Das Thema ist seit einiger Zeit nicht unbedingt mehr etwas Neues, jedoch hat Jessica Düster die Depression personifiziert und schreibt aus deren Perspektive statt aus derjenigen des Menschen, der an der Erkrankung leidet. Das gibt einen neuen Blick, der vielleicht Leser neugierig auf das Thema macht. Sie hat dieses Buch zum Thalia Storyteller Award 2024 eingereicht. Die Autorin hat mehrere Bücher geschrieben und Vorankündigungen weiterer Titel im Internet, die sie den Genres Horror und Romance zuordnet. Man kann sie auf Instagram unter @midnightinkscribe finden und im Internet unter www.jduester.de.

Haiku und Gruselgeschichten

Der Poet und Schriftsteller Manuel Bianchi hat Haiku-Dichtung und Gruselgeschichten in seinem Repertoire und erfindet für seine Gedichtbände Titel wie „poetricity“ (urbane Lyrik) oder „#commutiny“, dem neuesten Band mit Gedichten und Polaroids. „Die Gedichte entstanden in einem Zeitraum von dreieinhalb Jahren, eine Zeit der großen Umwälzungen. Die Pandemie hat ebenso wie andere persönliche Erlebnisse des Dichters ihre Spuren hinterlassen“, heißt es auf dem Klappentext. Neben der Poesie hat der Autor Leidenschaften für Fantasy, die schon erwähnten Gruselgeschichten und – Formationstanz. Davon berichtet er auf seiner Homepage www.manuelbianchi.de. Man kann ihm auf Instagram unter @manuelbianchipoet folgen.

3 Cover. Foto: Maren Schönfeld

Hat man früher strikt die Genres voneinander getrennt und darüber nachgedacht, ob Texte oder Projekte ausreichend „literarisch“ seien oder man sein Gesicht verlöre, wenn man dies oder jenes veröffentlichen würde, steht die jüngere Generation selbstbewusst zu den verschiedenen Facetten ihres Schreibens und färbt offenbar auch auf einige ältere Semester ab. Das gibt Hoffnung, dass die hierzulande sehr beliebte Be- oder Abwertung irgendwann weniger schnell erfolgen mag, als man es bislang gewohnt war. Und es kann allen Schriftstellern Mut machen, zu den verschiedenen Genres zu stehen, in denen sie unterwegs sind.

Starke Frauen, Thriller und starke Geschichten

Melanie Amélie Opalka schreibt „Romane für starke Frauen mit Entwicklungspotenzial“ und unter dem Namen Marley Alexis Owen Thriller mit der Hauptfigur Sara Konrad. So hat sie bereits zwei Romanreihen angelegt und feiert in diesem Jahr ihren zehnten veröffentlichten Roman. Die „Expertin fürs Feiern von Fehlern“ (Homepage) strahlt ebenso wie ihre Homepage https://melanieamelieopalka.de/ jede Menge positive Energie aus und empfängt die Gäste sehr herzlich an ihrem Stand.

Bierdeckel zum Mitnehmen gibt es bei dem Fantasy-Autoren Olaf Raack und seiner „Mirandor-Saga“, dazu reichlich Lesestoff mit seinen sieben Buchtiteln. Ehemals als Rapper unterwegs, hat er sich nun dem Schreiben zugewandt und präsentiert sich und seine Projekte auf seiner Website https://olafraack.de/.

Besucher in der Halle am Stand von „Mostly Premade“. Foto: Manuela Kowald

Die Frage, inwieweit die Selfpublisher und Kleinverlage sich Lektorinnen und Covergestalter leisten, wäre höchstens durch die Befragung aller Autoren zu beantworten, die auf der Himmelpfortener Messe anwesend waren. Stattdessen erfahre ich am Stand von „Mostly Premade“, dass sich die von der Inhaberin Nadine Most gestalteten Cover sehr gut verkaufen. Sie zeigt einige ihrer Arbeiten am Tablet und schlägt mir eine Gestaltung für einen Lyrikband vor, ein wenig verschnörkelt, aber irgendwie auch ansprechend. Die Coverdesignerin und Hörbuchsprecherin bietet ihre Arbeit für jeden Geldbeutel mit sehr flexiblen Modalitäten an. Weitere Stände von Gestaltern hätten mich interessiert, leider war Nadine Most die einzige.
https://nadinemost.de/mostlypremade/

Auch meine zweite Messerunde endet beim „Lovemoon“ Verlag für „Romance, New Adult & Romantasy“ (Quelle: https://www.lovemoon-verlag.de/) mit seinen farbprächtigen und großformatigen Büchern. Früher hatte man Goldschnitt, heute wird mit Farbschnitt gearbeitet, was dem zugeklappten Buch das Aussehen einer Schatulle verleiht. Wirkt passend für „Bücher für deine traumschönen Brausepulver-Momente beim Lesen“ (Verlagswebsite). Spannender finde ich das „Book Journal“, aufgemacht wie ein Freunde-Album aus meiner Schulzeit, wo sich Klassenkameraden mit Passfoto und einigen Steckbriefnotizen verewigen konnten. Das Journal ist ausgesprochen hübsch und liebevoll gestaltet. Das zweite Highlight ist der „Plot Planner“, ein gestaltetes Notizbuch zum Planen größerer Buchprojekte. Das ist, kaum zu glauben im Zeitalter der sich selbst überholenden Digitalisierung, für viele eine echte Konkurrenz zu Schreibprogrammen für Autorinnen und hat mich als Handschreiberin sofort begeistert.

Das Fazit ist positiv

Die alternative Buchmesse gewährte mir einen Blick in eine andere Lese- und Schreibwelt. Als ich Kind war, sagte man uns, dass Comics unsere Lesefähigkeit verdürben. Unsere Eltern hatten Sorge, dass wir keine „richtigen Bücher“ mehr würden lesen können. Dabei lasen sie selbst Utta Danella und Marie Louise Fischer. Waren das denn „richtige Bücher“? Noch früher hatte man Barbara Cartland, eine Weile später Rosamunde Pilcher, jetzt hat man New Romance, Cosy Crime, New Adult und Insta-Love. Lesen war und ist immer auch eine Leidenschaft, die ein Wohlgefühl hervorruft – entweder, weil man schwere und anspruchsvolle Lektüre bezwungen hat oder weil man sich in leichte und von den irrwitzigen Zeiten ablenkende Geschichten flüchten kann; oftmals auch, weil man Erkenntnisse aus der Lektüre gewonnen hat. Und seien wir ehrlich: Nicht jeder Spiegel-Bestseller ist ein literarisches Meisterwerk. Was wir Schriftsteller möchten, ist doch, gelesen zu werden. Den Ausstellerinnen in Himmelpforten ist es offensichtlich gelungen, ihre Fans zu finden und ihren Geschichten Flügel zu verleihen.

Eröffnung. Foto: Manuela Kowald

Textschmiede für Stories und Gedichte

Sie schreiben und sitzen allein vor Ihrem Text mit vielen Fragen? Sagt Ihre Geschichte das aus, was Sie beabsichtigen? Ist Ihr Gedicht sprachlich und inhaltlich gut gearbeitet? Trifft Ihr Essay wirklich das Thema, das Sie bearbeiten möchten? Haben Sie zu viel oder zu wenig gesagt? In diesem Kurs wollen wir uns gemeinsam an die Arbeit machen und uns mit Ihren Texten in einer Diskussion beschäftigen. Sie haben die Gelegenheit, Ihre Geschichte, Ihr Gedicht oder einen anderen Text vorzustellen und erhalten ein konstruktives Feedback. Voraussetzung für die Teilnahme ist, dass Sie den Text selbst verfasst haben. Elemente aus dem Schreibhandwerk fließen in die Diskussion ein.
Eine Woche vor Kursbeginn erfahren Sie von der Kursleiterin, welchen Umfang Ihr Text haben darf. Am Kurstag steht jeder Text einmal im Mittelpunkt. Sie profitieren sowohl von der Diskussion Ihres Textes als auch von den Diskussionen der anderen Texte.

Foto Engin Akyurt, Pixabay

Freitagabend und Samstag, 19./20. April 2024, VHS Stade, Wallstr. 17

Weitere Infos und Anmeldung bitte direkt bei der Stader Volkshochschule

Nachlese: Contor und Teehaus

Zwei Lesungen binnen zwölf Tagen, knapp 40 Gäste bei der einen, 26 bei der anderen – was für ein wunderbarer Auftakt eines literarischen Jahres, den bedrückenden und seltsamen Zeiten zum Trotz.

Sulamith Sommerfeld, Maren Schönfeld, Thomas Dunse; Foto: Laura Dunse

Sulamith Sommerfeld, Thomas Dunse und ich lasen in der Stader Buchhandlung Contor aus vorhandenen Büchern und aus unveröffentlichten Texten. Selten habe ich es erlebt, dass ein Publikum so still und versunken lauschte wie an diesem Februarabend. Die Dreiviertelstunde unseres abwechselnden Vorlesens war für uns und offenbar auch für die Gäste wie eine Lyrik-Meditation. Im anschließenden Werkstattgespräch tauschen wir Vortragenden uns miteinander und mit den Gästen aus. Für mich ist es immer wieder spannend, was Menschen in den Gedichten finden, wo sie sich darin verorten können und wie sie berührt werden. Nicht selten kommen für mich Deutungsebenen meiner eigenen Gedichte hinzu, wenn ich Gedanken anderer zu meinen lyrischen Texten höre.

Lyrik und Klarinette im Teehaus

Lyrik ist mehr als bedrucktes Papier

Lyrik begleitet mich seit meiner Kindheit. Gedichte wie die Streiche von Max und Moritz (Wilhelm Busch) oder „Die drei Spatzen“ (Christian Morgenstern) gehörten dazu. Da ich wegen einer körperlichen Behinderung nicht laufen und toben konnte, stürzte ich mich in die Literatur und fand dort weite Räume, in denen Handicaps keine Rolle spielen. Zum Lesen kam bald das Schreiben. Das erste Gedicht schrieb ich als Kind über einen magischen Garten hinter einer Mauer. Vierzig Jahre später kann ich auf zehn veröffentlichte Bücher zurückblicken.

Einzeltitel 2018-2022

Dass Poesie mehr ist als ein geschriebenes Wort auf weißem Papier, habe ich früh erkannt. Was die Lyrik mir bedeutet und wie Gedichte im Alltag helfen, aufmuntern, bereichern und inspirieren können, möchte ich mit einem Streifzug durch meine Gedichtbände und mein schriftstellerisches Leben mit Einflussgebern wie Walter Kempowski und Peter Gosse mit den Gästen des Leseabends teilen.

Harald Maihold
(Foto privat)

Dabei wird Harald Maihold mich auf der Klarinette und Bassklarinette begleiten und seine eigens zu meinen Gedichten komponierte Lyrische Suite erstmalig erklingen lassen.

Harald Maihold spielt seit 1989 Klarinette und liebt deren warme Töne, mit denen sich Gefühle und Stimmungen so wunderbar ausdrücken und im Zusammenspiel mit anderen teilen lassen. Er hat sich ein breites Repertoire aus Klassik, Jazz, Klezmer, Pop und Volksmusik erschlossen und spielt u.a. als  Solist und in unterschiedlichen Ensembles und Projektorchestern im Hamburger Westen bei Konzerten.

Dienstag, 5. März 2024, 19 Uhr

Teehaus in den Wallanlagen, Planten un Blomen (neben der Eisbahn)

Veranstalter: Hamburger Autorenvereinigung in Kooperation mit der AWO

Eintritt: 6 €, auch für HAV-Mitglieder

Vorbestellung per E-Mail an Sabine.Witt@awo-hamburg.de

Warteliste für Stade-Lesung

Gemeinsam mit Sulamith Sommerfeld und Thomas Dunse lese ich am 22. Februar in der Buchhandlung Contor in Stade (s. Terminseite auf dieser Homepage). Gerade haben wir erfahren, dass die Lesung bereits ausgebucht ist! Es gibt also auch keine Karten an der Abendkasse mehr.

So sehr uns das freut, so schade ist es für alle, die nun keine Karte mehr abbekommen. Deshalb werden wir die Lesung zu einem späteren Zeitpunkt wiederholen und alle, die sich auf die Warteliste bei mir setzen lassen, als erste und vor Beginn der Werbung über den Zeitpunkt und den Veranstaltungsort informieren.

Bitte schreibt mir über das Kontaktformular, damit ich euch auf die Warteliste setzen kann!

Herzlich willkommen zum Schreibkurs!

Foto Engin Akyurt, Pixabay

Wahre und erfundene Geschichten schreiben – Prosa Teil 2

Eine fesselnde Geschichte hat überzeugende Figuren und eine spannende Handlung. Aber was macht Figuren authentisch und die Handlung spannend? Im ersten Teil des Kurses haben Sie die verschiedenen Bauelemente des Prosaschreibens kennengelernt und ausprobiert. Zu diesem zweiten Teil bringen Sie einen Text (ggf. auszugsweise) mit, den Sie fertiggeschrieben haben (Vorlesezeit maximal fünf Minuten). Auf diesen Text gehen wir kurz ein und widmen uns dann den Vorzügen und Nachteilen verschiedener Erzählperspektiven und Erzählzeiten. Was ist ein Tempusnest und wie wenden Sie es an? Ist Ihre Geschichte im Präsens fesselnder als im Präteritum? Was ist ein lyrisches Ich? Theorie und Praxis wechseln sich ab und auch der Spaß am Schreiben kommt nicht zur kurz. Dieser Kurs ist für Sie geeignet, wenn Sie Teil 1 absolviert oder bereits einige Schreiberfahrung haben und sich vertiefendes Wissen aneignen möchten. Bitte bringen Sie Schreibutensilien oder Ihren Laptop mit. Ein W-LAN-Anschluss ist vorhanden. Optional können Sie ein Handout mit den wichtigsten Kursinhalten erwerben (3 €).

Samstag, 20. Januar 24, von 10 bis 16:45 Uhr in der Volkshochschule Stade

Infos und Anmeldung: Link zur VHS Stade

Ich freue mich auf euch!

Lyrik im Radio

Ihr Lieben, ein frohes neues Jahr wünsche ich Euch, allen widrigen Umständen in Nähe und Ferne zum Trotz, dass wir den Blick nicht zu heben verlernen, hin und wieder Sternschnuppen sehen und berührbar bleiben.

Es gibt einige literarische Neuigkeiten und Neuheiten in diesem Jahr, auf die ich gespannt bin und die ich mit Freude erwarte. Die erste davon: Als die Schauspielerin Kornelia Kirwald mich fragte, ob sie Gedichte von mir im Radio vorlesen könne, fand ich das wunderbar! Wir haben uns zum Kaffee getroffen und gemerkt, dass wir eine Wellenlänge haben. Ich habe ihr so gern meine Gedichtbände mitgegeben und mich nun riesig gefreut, weil sie bereits damit arbeitet. Es war auch für mich eine Überraschung, welche Texte sie für ihre Rubrik „Gedicht der Woche“ auswählen würde. Das erste Gedicht ist „Im Glaskleid“ aus „Der Boden des Dunkels“, und sie hat es fantastisch gelesen. Es ist in dieser Woche zu hören. Wie? Kornelia schreibt:

GEDICHT DER WOCHE

Ich beginne das Neue Jahr mit Textgedichten aus den Sammlungen „Der Boden des Dunkels“ und „Engelschatten“ von Maren Schönfeld, Hamburger Autorin, Journalistin und Lektorin, die vor allem für ihr lyrisches Werk und ihre Kurzgeschichten mit vielen namhaften Preisen ausgezeichnet wurde.
Erstausstrahlung montags um 06:30 Uhr; und wer die Sendung immer mal verpaßt, muß nicht verzagen: TIDE.radio wiederholt sie wie bisher am Mittwoch um 07:15, am Freitag 12:15 und ab Januar 2024 zusätzlich am Sonntag um 13:00 Uhr!

– Im KULTUR-BISTRO gibt es Ende Januar Krimis aus dem winterlichen Engadin; Ausstrahlung wie gehabt am 5. Montag um 18:00 Uhr, Wiederholung am Sonntag, 04.02. um 10:00 Uhr;

BEIDE SENDUNGEN AUF TIDE.RADIO: UKW 96.0, DAB+, im Hamburger Kabelnetz,
im livestream https://www.tidenet.de/radio  (7 Tage nachhören)
und https://www.radioplayer.de/radio/tideradio.html

Alle Sendungen sind eine Woche nach Ausstrahlung im Livestream nachzuhören.

Hört mal rein, es ist toll!

Mehr über Kornelia findet Ihr auf ihrer Homepage, von dort geht es auch zur Soundcloud mit einem umfangreichen Archiv: https://kirwaldhamburg.de

Großstadt-Oasen: Ein Podcast

Foto: Ralf Plenz

UPDATE!

Ich sage es gleich vorweg: Um Podcasts habe ich früher einen großen Bogen gemacht, wenn es darum ging, dass ich nicht als Hörerin, sondern als Sprecherin gefragt war. Podcast, das unbekannte Wesen? Nicht mehr vorlesen, sondern frei sprechen oder eine Mischung daraus? Das konnte ich mir nicht so richtig vorstellen. Aber wie so oft, kommt es auch beim Aufnehmen von Podcasts darauf an, wer dabei ist und wie es vermittelt wird. Als mein geschätzter und befreundeter Kollege Ralf Plenz mich vor längerer Zeit fragte, ob ich einen Podcast mit ihm aufnehmen wolle, habe ich den Sprung ins kalte – nein, lauwarme Wasser gewagt. So kalt war es nämlich gar nicht, was allerdings der guten Vorbereitung und Rahmenbedingungen von Ralf zu verdanken ist.

Nun haben wir zu Ralfs Roman-Trilogie „Großstadt-Oasen“ zwei Interview-Podcastfolgen aufgenommen, in denen wir uns in vergangene Welten zurückversetzen. Es geht um Ottensen und die alternative Szene in den 1980er Jahren, um das Leben ohne Smartphone, aber mit echten Büchern und den Geheimbund der Isokratiker.

Folge eins ist jetzt zu hören in seiner Reihe „Der Büchermacher“: https://podcast000572.podigee.io/215-maren1

FOLGE ZWEI IST AUCH ONLINE: https://podcast000572.podigee.io/216-maren2

Die zweite Folge kommt in Kürze. Ich bin mit dem Medium Podcast warmgeworden und es könnte sein, dass dies nicht unsere letzte Aufnahme war.

Ach so: Meinen allerersten Podcast-Einsatz könnt Ihr auch noch hören, ebenfalls bei „Der Büchermacher“: https://podcast.de/episode/596049931/interview-mit-der-journalistin-und-autorin-maren-schoenfeld

Man kann den Podcast auch abonnieren 🙂

Warum kompliziert, wenn’s auch einfach geht?

Mit dem neuen „Ratgeber Ehlers-Danlos-Syndrome“ legen Karina Sturm, Helena Jung und Andrea Maier ein Fachbuch vor, das sich für Angehörige medizinischer Berufe ebenso eignet wie für Betroffene.

Buchcover (c) Springer

Die von den seltenen Ehlers-Danlos-Syndromen (kurz EDS), einer Gruppe angeborener Bindegewebserkrankungen, Betroffenen müssen meistens eine Odyssee absolvieren, bevor man sie mit ihren Symptomen ernstnimmt und überhaupt den Versuch unternimmt, die Ursache zu ergründen. Psychische Erkrankungen und Erkrankungen aus dem Rheumakreis sind nur zwei Gebiete der zahlreichen Fehldiagnosen, mit der EDS-Betroffene sich herumschlagen müssen. Schließlich werden sie notgedrungen meist selbst Experten für ihr Krankheitsbild, was den Kontakt mit Ärzten nicht unbedingt erleichtert, weil sie oft als besserwisserisch gelten. Fachliteratur ist überwiegend nur auf Englisch erhältlich, hinzu kommen die Hürden des medizinischen Fachvokabulars.

Medizinisches Fachwissen trifft auf persönliche Erfahrungen

Dem abzuhelfen war die Motivation der drei Autorinnen des jüngst erschienenen Ratgebers in deutscher Sprache. Die Multimedia-Journalistin Karina Sturm lebte sieben Jahre in San Francisco. Als EDS-Betroffene und chronisch Erkrankte kombiniert sie ihr Fachwissen mit ihren persönlichen Erfahrungen und hat bereits viel dafür getan, dass EDS im deutschsprachigen Raum bekannter wurde. Die Medizinerinnen Dres. Helena Jung und Andrea Maier haben gemeinsam mit Karina Sturm den neuen Ratgeber geschrieben.

In vier Kapiteln führen sie die Leser an die Thematik der Ehlers-Danlos-Syndrome mit ihren Ausprägungen heran, stellen den Weg zur Diagnose vor, führen Begleiterkrankungen detailliert auf und geben praktische Hilfen zum Krankheitsmanagement. Im fünften Kapitel werden soziale Themen vorgestellt. Ein Stichwortverzeichnis erleichtert das Auffinden einzelner Begriffe im Text. Das Buch ist in barrierefreier Ausgabe erschienen, was bedeutet, dass Grafiken und Bilder noch einmal textlich erläutert sind. Da die Grafiken teilweise schlecht erkenn- und lesbar sind, sind diese Erläuterungen für alle Leser hilfreich. Eine wunderbare Ergänzung sind Videos, deren Links man aus dem Buch scannen kann (man benötigt für diese Zusatzmöglichkeit die App Springer More Media).

Die Fakten und Ausführungen sind spannend aufbereitet und ziehen beim Lesen in den Bann – man kann das Buch kaum weglegen. Vieles lässt sich beim Zurückblättern schnell wiederfinden, wenn man sich an den Zusammenfassungen in grauen Kästen orientiert.

Was ist das denn – EDS?

Die EDS wirken sich überall aus, denn jeder Mensch hat überall Bindegewebe: Haut, Knochen, Gelenke, Augen, Zähne, Schleimhäute, Nägel. So gibt es meist ganz verschiedene Symptome, die jedoch zusammengenommen auf eine Ausprägung oder Variante der EDS hindeuten. Man muss das nur aus diesem Blickwinkel betrachten, worauf die Medizin jedoch nicht unbedingt ausgerichtet ist.

Foto: privat

Das Zusammenkommen medizinischen Wissens mit persönlichen Erfahrungen macht den Reiz und Informationsgehalt des Ratgebers aus. Nach der 2017 erfolgten New-York-Klassifikation der EDS, die an die Stelle der vormals verwendeten Villefranche-Klassifikation getreten ist, sind nun auch Unterformen wie das Brittle Cornea Syndrome mit aufgenommen worden. Letzteres wurde der Verfasserin dieser Rezension noch 2016 von der Humangenetik des UKE Hamburg-Eppendorf als „kein Nachweis einer krankheitsrelevanten genetischen Variante, die Ihre Beschwerden erklärt“ attestiert, obwohl man mittels einer Paneldiagnostik den Gendefekt zweifelsfrei festgestellt hatte. Man wusste nur nicht, was diese Diagnose bedeutet. Zwischenzeitlich ist bekannt, dass dieses Syndrom Augenerkrankungen und Hüftdysplasie, Gelenküberbeweglichkeit und samtige, dehnbare Haut in sich vereint – Symptome, die wohl kaum ein Mediziner unter eine gemeinsame Überschrift bringen würde.

Was die Leidtragenden der EDS dringend benötigen, sind quasi „Beweise“ dafür, dass die Symptome keine Einbildung sind und keine psychologischen Hintergründe haben. Der Ratgeber vermittelt niedrigschwellig auch für Laien gut verständlich die wichtigen medizinischen Fakten, bereitet zugleich für das Arztgespräch vor und kann sogar noch von den Patienten an Ärzte weitergegeben werden, ist er doch auch für Mediziner, Physiotherapeuten, Schmerztherapeuten und weiteres medizinisch geschultes Personal ein profundes Fachbuch. Der Erkenntnisgewinn ist für Betroffene unbezahlbar, wenn sich plötzlich ein Grund für ganz unterschiedliche Beschwerden findet, wo bislang möglicherweise drei oder mehr Fachärzte in ihrem Bereich isoliert Auffälligkeiten feststellten. Die Autorinnen geben auch Argumentationshilfen für die Durchsetzung der Rechte Kranker, was in einer Gesellschaft, in der u.a. Anträge auf Schwerbehinderungsfeststellung grundsätzlich erst einmal abgewiesen werden, sehr wertvoll ist.

Der Schreibstil des Ratgebers ist ermutigend und positiv. Trotz der schweren Thematik einer nicht heilbaren Erkrankung, mit der sich Betroffene irgendwie arrangieren und sich ihr Leben auf eigene Faust so erträglich wie möglich einrichten müssen, löst der Ratgeber optimistische Empfindungen aus. Denn er beschreibt, dass man trotz des Status „seltene Erkrankung“ (ob das stimmt, darf bezweifelt werden, da die Zahl der nicht erkannten EDS-Erkrankungen sehr hoch sein dürfte) nicht allein mit der Diagnose und den Einschränkungen des täglichen Lebens dasteht. Die Selbsthilfevereine „Bundesverband Ehlers-Danlos-Selbsthilfe e.V.“ in Bielefeldt und „Ehlers-Danlos-Iniative e.V.“ in Fürth sind weitere Anlaufstellen für Betroffene, beide Vereine sind bundesweit tätig.

In den letzten Jahren sind einige weitere Publikationen zu den EDS erschienen, davon wenige auf Deutsch. Möglicherweise hat der „Ratgeber Ehlers-Danlos-Syndrome“ dazu beigetragen und anderen Menschen mit entsprechenden Buchprojekten den nötigen Informationshintergrund geliefert, aber auch Mut gemacht, ein eigenes Buch zu schreiben. Dieser Ratgeber ist sehr geeignet, das deutschsprachige Standardwerk des aktuellen Forschungs- und Wissensstands der EDS zu werden.

Karina Sturm, Helena Jung, Andrea Maier: Ratgeber Ehlers-Danlos-Syndrome, Komplexe Bindegewebserkrankungen einfach erklärt, Springer, Berlin 2022

Als meine Schritte zu kurz wurden…

… für den Weg bis zu den Bäumen in den Elbparks – da war es, als hätte ich eine Heimat verloren.

Ich besuchte den Katsurabaum, dessen Blätter hellgrün und im Herbst leuchtend gelb sind. Ich besuchte die große Eiche auf der Wiese und die Blutbuche am Weg, die Buche mit dem Gesicht im Stamm. Sie erwarteten mich schon. Ich legte die Hand an ihre Rinde.

Als meine Schritte zu kurz wurden, warteten sie vergeblich, und alles Denken an sie half nicht. Wie sollte ich leben ohne den Trost der Bäume?

In den 300 Metern um mein Haus suchte ich Bäume. Da waren die Platanen, umrahmt von Steinmauern, die sie mit ihren Wurzeln anhoben und langsam, langsamer als Zeitlupe, zu Fall brachten. Ziviler Ungehorsam. Bei Hitze warfen sie ihre Rinde ab. Zu Weihnachten behängte man sie mit Lampions. Die Platanen waren stets von Menschen umgeben, die an Tischen saßen, aßen und tranken, miteinander redeten. Mit den Platanen redeten sie nicht, und niemand legte die Hand an ihre Rinde. Die Platanen hatten keine Ruhe und so fand auch ich keine Ruhe bei ihnen.

Die Buche auf dem nahen Spielplatz wurde mein bescheidenes Ziel. Erschöpft von dem kurzen Weg, setzte ich mich auf die lehnenlose Bank unter ihrer Krone, dicht an ihren Stamm, aber nicht dicht genug, um mich anzulehnen. Auf diesen Spielplatz kamen die kleinsten Kinder an Vormittagen aus dem Kindergarten. Niemand beachtete die Buche. Niemand beachtete mich. Ich ruhte aus, hörte dem Windwispern in den Blättern zu und atmete Baumduft, besonders nach dem Regen, kräftig und dunkel.

Jetzt besuche ich wieder den Katsurabaum, die Eiche auf der Wiese, die Blutbuche und die Buche mit dem Gesicht im Stamm. Am Spielplatzbaum gehe ich vorbei, aber nie ohne einen Blick mit ihm zu wechseln.

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Im Herbst, wenn die Blätter des Katsurabaums im Fischers Park sich gelb färben, verströmen sie einen intensiven Duft nach Kuchen. Deshalb wird dieser Baum auch Kuchenbaum genannt. Im Fischers Park an der Fischers-Allee in Hamburg-Ottensen gibt es drei davon.

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Der Text ist aus meinem Band „Der Boden des Dunkels“. Hier findet ihr mehr darüber:
Seite Der Boden des Dunkels